Donnerstag, November 21, 2024
Bauherrnopfer

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Der Tiefenerder

Es gibt einige Gründe warum ein Haus geerdet sein soll oder muss. Hauptsächlich ist es die Schutzerdung der elektrischen Verbraucher die eine Erdung des Hauses notwendig macht. Dabei geht es darum , dass ein Schutzschalter (FI) dies zur Erkennung von Fehlerströmen benötigt. Durch den FI sollen Personen vor Stromschlägen durch defekte Geräte geschützt werden. Weitere Anwendungen sind die Funktionserdung zum störungsfreien Betrieb von elektrischen Geräte und natürlich auch der Blitzschutz eines Hauses, um nur ein paar zu nennen.

Im Normalfall wird bei Neubauten ein Fundamenterder oder ein Ringerder verbaut der genau diese Anforderungen erfüllt. Der Fundamenterder ist ein Stahlband oder ein etwa 8 mm starker Runddraht, vorzugsweise aus Edelstahl gefertigt damit die Erdung nicht frühzeitig der Korrosion zum Opfer fällt, das unter der Fundamentplatte eines Hauses verlegt wird. Ein Ringerder ist ebenfalls aus Edelstahl und wird ringförmig um das Fundament eines Hauses verlegt.

Die benötigte Oberfläche für die optimale Ableitung der Ströme hängt von der geplanten Anwendung ab. Reichen für eine Schutzerdung bereits wenige Meter Material aus, so muss man für einen optimalen Blitzschutz weitaus umfangreicher Planen.

Tiefenerder kommen vor allem bei der Sanierung von älteren Gebäuden bei denen keine Erdung verbaut wurde oder die vorhandene Erdung bereits so korrodiert ist, dass der Übergangswiderstand zu hoch ist zum Einsatz. Bei einem Neubau ist es normaler Weise nicht notwendig sich über Tiefenerder Gedanken zu machen, da man hier ja mit einem Fundamenterder die ideale Lösung hätte.

Anders war es bei unserem Neubau, da die Bauarbeiter bei der Herstellung der Fundamentplatte leider übersahen, dass eine 16 cm starke XPS-Dämmplatte nicht nur ideal gegen Wärmeverluste sondern ebenso perfekt gegen die Übertragung von Strömen dämmt. So legten sie damals die Erdung nicht unter die Dämmplatten, sondern darauf und verbanden sie mit den Baustahlgittern des Fundaments. So wie es sein sollte kamen auch an allen vier Ecken des Hauses und in unserem Technikraum an der Stelle des Elektro-Vertreilers entsprechende Runddrähte aus der Fundamentplatte.

Für mich war leider kein Mangel erkennbar. Erst als der Blitzschutz-Techniker kam und feststellte, dass der Widerstand der Erdung so hoch war, dass er de facto als Isolierung gilt, entdeckten wir den Fehler der beim Bau gemacht wurde. Der Techniker erklärte mir, dass wir eigentlich keinen Blitzschutz benötigen würden, da alle Häuser im umkreis mit entsprechenden System ausgestattet wären und wir lediglich eine Schutzerdung herstellen müssten.

So machte ich mich also schlau was wir für eine Schutzerdung benötigen würden, und erhielt die Info, dass ein Tiefenerder mit 1,5 bis 2 m Länge in der Nähe unseres Verteilerschrankes genügen würde. Für einen ordentlichen Blitzschutz sollten bei unserer Hausgröße bereits an allen vier Ecken des Hauses Tiefenerder mit 5 bis 7 m in die Erde geschlagen werden.

Da wir vorerst mit dem Schutzerder das Auslangen finden, machte ich mich auf die Suche nach einem System das ich selbst anbringen könnte. Dabei fand ich auf eBay Edelstahl-Staberder mit 20 mm Durchmesser und jeweils 1,45 m Länge für jeweils knapp über 60 Euro. Ich bestellte mir einen Stab mit Spitze und ein Verlängerungsstück sowie eine Einschlaghilfe mit SDS-max Bohrfutter.

Die Staberder kamen gemeinsam auf rund 130,- Euro und die Einschlaghilfe schlug nochmal mit 50 Euro zu Buche. Diesen kann man dafür aber mehrfach verwenden und später sicher wieder verkaufen. Trotzdem kam das gesamte Material für einen Erder in Summe auf 187,- Euro inklusive Versand.

Um den Tiefenerder einzuschlagen braucht man nur noch eine Bohrhammer oder Schlaghammer mit SDS-max Werkzeugaufnahme. SDS-max ist ein Schnellspannfutter ähnlich wie bei herkömmlichen Schlagbohrmaschinen. Allerdings ist der Durchmesser des Stabs 18 mm und die Aufnehmung entsprechend massiver. Das abgebildete Teil wiegt 1,5 kg und ist in der Mitte flexibel um beim Einschlagen nicht wegen jeder kleinen Bewegung der Maschine die Stange schief ins Erdreich zu treiben.

Für das Einschlagen des Stabes braucht es eine mächtige Maschine, denn mit einer ’normalen‘ Schlagbohrmaschine findet man hier sicher nicht das Auslagen. Schließlich muss der Stab in unserem Fall zumindest 2,8 Meter tief ins lehmige Erdreich geschlagen werden, was trotz des geringen Durchmessers nicht ganz so einfach erscheint.

In unserem Fall kam ein Schlaghammer von Bosch, nämlich der Bosch Professional GSH 11 VC mit 1.700 W zum Einsatz. Dieses Gerät besitzt mit einer Schlagenergie von 23 Joule bereits die besten Voraussetzungen für das Einschlagen von Stäben mit bis zu 7,5 Meter Länge (natürlich in handlichen Einzelteilen).

Dieses Gerät ist eigentlich dafür gemacht um Beton und Mauerwerk klein zu meißeln. Die Rezensionen versprachen ein Monster mit so viel Kraft, dass herkömmliche Einfamilienhäuser bereits nach kürzester Zeit nachgeben und in sich zusammen brechen, wenn man das will und auf Zerstörung aus ist. Es handelt sich also um ein echtes Profi-Gerät das zudem noch im preislichen Mittelfeld liegt. In dieser Gewichtsklasse gibt es Maschinen die weit mehr als das Doppelte dieses Schlaghammers kosten und auch nicht mehr Leistung bieten.

Um den Erder richtig zu positionieren entfernte ich neben unserer Bodenplatte zuerst den Schotter aus der Einfassung des Hauses. Ich wusste noch vom Einfüllen, dass das Erdreich an dieser Stelle etwa in 30 cm Tiefe zu finden ist. Als der Schotter aus dem Weg geräumt war konnte ich mich um die Bohrung kümmern.

Damit der Erder später nicht schräg im Erdreich stecken würde, nahm ich die normale Schlagbohrmaschine mit einem 20 mm Bohrer zur Hand und bohrte ein senkrechtes Loch in des Erdreich. Somit konnte ich den Stahlstab bereits 25 cm in die Erde stecken und sicher stellen, dass er später absolut waagerecht stehen würde.

Dann setzte ich das Bosch Monster mit der eingespannten Einschlaghilfe auf den Bolzen des Stabs und schaltete ein. Der Hammer ging ab wie eine Rakete. Wie mit einem elektrisch betriebenen Presslufthammer wurde die Stange in den Boden getrieben, und war nach nicht einmal 90 Sekunden komplett versenkt. Nun steckte ich die Verlängerung auf die erste Stange und hatte den nächsten Kraftakt vor mir.

Da zuvor die Stange bereits knapp 30 cm tief in der Erde steckte und ich diesmal ja noch ein Stück
der Stange heraus schauen lassen musste, lag diesmal der Bolzen für die Einschlaghilfe um etwa 40 cm höher als bei der ersten Stange. Ich musste also den Schlaghammer über Kopf einsetzen, was selbst mit trainierten Oberarmen gar nicht so einfach war. Hätte ich mir eine Leiter geholt wäre es einfacher gewesen – zu einfach für einen ‚echten‘ Heimwerker 😉

Für das zweite Segment brauchte ich nun doch schon erheblich länger, da die erste Stange bereits einen ordentlichen Reibungswiderstand erzeugte. Etwas mehr als fünf Minuten hämmerte der Bosch Hammer auf die Stange ein, welche zeitweise dadurch etwas stärker in Schwingungen versetzt wurde. Dabei achtete ich darauf, dass ich den Erdspieß nicht zu tief einschlug, damit später der Anschluss zwischen Fundamenterder und Tiefenerder halbwegs leicht zugänglich ist. Auch dieser Einsatz war keine wirkliche Herausforderung für das Gerät.Somit brauchte ich für das Einschlagen der Stangen weniger als sieben Minuten.

Nun musste ich nur noch den Runddraht der Fundamenterdung, der ja bereits mit dem Verteilerschrank im Inneren des Hauses verbunden war, mit dem Tiefenerder zusammen schließen. Auch das war in wenigen Minuten erledigt.

Da mir die entsprechenden Messgeräte fehlen, ich aber trotzdem wissen wollte ob meine Arbeit von Erfolg gekrönt war, versuchte ich mein Glück mit einem einfachen Multimeter. Zuerst steckte ich den einen Kontakt ins Erdreich und hielt den anderen Kontakt an den Runddraht. Der Durchgangsprüfer gab ein Signal und der Widerstand war zwar sehr hoch, aber lag im messbaren Bereich. Bei einem zweiten Versuch hielt ich eine Messspitze an den Runddraht im Inneren des Hauses der an die Potentialausgleichsschiene angeschlossen ist, und die andere Messspitze an die Erdungsleitung des Energieversorgers. Diese Leitung sollte meines Wissens nach in der rund 150 Meter entfernten Trafostation geerdet sein. Erstaunlicher Weise erhielt ich auch hier ein schwaches Durchgangssignal.

Es dürfte also alles soweit korrekt funktionieren und unser Haus nun endlich über eine ordentliche Schutzerdung verfügen. Der Arbeitsaufwand hielt sich dabei auch absolut in Grenzen, wenn man das geeignete Gerät zur Verfügung hat. Hier bieten Baumärkte allerdings Leihgeräte die diesen Zweck erfüllen können.

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